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lichte ortlosigkeiten jenseits der sprache

künstler leena krüger
ausstellungsort göttingen, künstlerhaus
datum 07.03.2007
zeitung göttinger tageblatt/magazin

kritik zur ausstellung

Ausstellung: Malerei von Leena Krüger in der Galerie des Künstlerhauses Göttingen

Ob der Raum tief und meßbar ist, schwer zu sagen/ein Bild, das zerfällt vor den nur zu ahnenden Horizontalen/zurechtgerückt fehlt der betretbare Raum, Flutlicht hat Hintergrund und Bildfläche verschluckt“, ähnlich heißt es in einem Gedicht der Hamburger Lyrikerin Sabine Scho. In den weiten Flächen der Bilder Leena Krügers, derzeit in der Galerie des Künstlerhauses zu sehen, ist die Sprache versteckt, Worte, die nur still zum Erscheinen kommen, die dennoch keineswegs leise sind. Im Grau der Räume, das kein Grau ist, bleibt keine Farbe ungesagt. Gedämpft manchmal, mit einem Unterton wie aus weißkalkigem Regen, schält sich erst heraus, was Zeichen ist. Hier eine Gerade, eine Linie, ein breiter Strich, dort rahmende Balken, trennende Übermalungen.
Die Malerin Leena Krüger steht in der meist ungegenständlichen Tradition tachistischer Kunst, verwandelt sich dem Gegenstand an, oszilliert auf einem Grat am Rande der Zeichenhaftigkeit. Das Zeichen, so Jacquez Derrida, stelle das Gegenwärtige in seiner Abwesenheit dar. Ein Satz, zum dem Krüger gearbeitet hat, ihm versucht auf die Spur zu kommen, assoziativ, weiterdenkend, malend.

Überlagerte Schichten

Schmale Striche, Übermalungen und Verwischungen sind zu erkennen. Manche Arbeiten sind palimpsestartig aus verschiedenen Schichten aufgebaut, einander überlagernde, beeinflussende, gar bedingende Ebenen sind mal deutlich, mal kaum merklich am Grund zu erkennen. Mit harten Bürsten und weichen Pinseln, mit Besen und den Händen arbeitet Krüger – selbstredend prozesshaft – suchend, eindringlich. Andere Arbeiten scheinen daneben leicht und schnell gestaltet, lichtem Flügelschlag gleich.
Landschaften sind, wenn man will, in den Horizontalen zu finden, dunkle Senkrechte und helle Stämme wie von Birken, komplettieren den Eindruck. Doch die Künstlichkeit dieser Natur abseits mimetischer Prinzipien steht keinen Moment lang in Frage. Sei es eine Fläche, eine Übermalung, die dem mit blau-eisigen oder dem gelbgrünen Grau klar abgerenzend entgegentritt, breite hellblaue Streifen, die das Bild zurückholen in eine aus der räumlichen Illusion gelöste Flächigkeit.
Die haptische Qualität der Bilder ist groß, ebenso ihr weißlich-grauer, farbigimaginativer Zog, der den Betrachter auf eine Reise zwischen den „Ortlosigkeiten- Välitiloja“, so der Titel der Ausstellung, mitnimmt. Doch es sind nicht Orte, es ist die Malerei, die Zwischenräume im schönen Zwielicht ermöglicht. Dort, wo eine Sprache, ohne die Welt zu durchqueren, ohne einen Ort je zu benötigen, möglich ist.


Tina Lüers